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< Zurück zur Übersicht 14.08.2023

Studenten-Weltmeisterin Angelica Moser: «Ich bin keine Musterstudentin»

Neun Jahre nach den Youth Olympic Games in Nanjing (2014) gewann Angelica Moser im Reich der Mitte abermals Gold. Die frisch gebackene World University Champion über das Reisen mit Stäben, die sportliche Bedeutung der früheren «Universiade» und die bevorstehenden Weltmeisterschaften in Budapest (19. bis 27. August), gefolgt von Weltklasse Zürich im Hauptbahnhof (30. August).

Angelica Moser mit ihrer 14. (!) SM-Goldmedaille in Serie (Bild: athletix.ch)

Kaum war dein 14. Schweizer Meistertitel, der siebte outdoor, im Trockenen, hast du dich schon auf den Weg vom beschaulichen Bellinzona in die 20-Millionen-Metropole Chengdu (CHN) gemacht. Was man bei einer Stabhochspringerin immer fragen muss: Wie verlief die Reise?

Erstaunlich reibungslos. Ich fuhr noch am gleichen SM-Samstag mit dem Auto nach Hause und am Sonntag weiter nach Frankfurt. Von dort ging es per Flugzeug nach Chengdu. Im Gegensatz zur WM im letzten Jahr sind dieses Jahr auch die Stäbe mit mir mitgekommen…

Wie hast du am Montag reagiert, als du erfahren hast, dass die Qualifikation am Mittwoch ausfällt und du am Freitag direkt im Final stehen wirst?

Das kam mir entgegen. So konnte ich mich noch etwas akklimatisieren. Es war schon sehr schwül in Chengdu und ich schwitzte bereits beim Einspringen aus allen Poren.

Nachdem deine ärgsten Konkurrentinnen auf 4,40 m gerissen hatten, standest du mit der Einstiegshöhe von 4,35 m bereits als Siegerin fest. Trotzdem bist du bis auf 4,73 m weitergesprungen. Wie verlief der Wettkampf gegen dich selbst?  

Ich wusste, dass zwei Athletinnen mit Bestleistungen von 4,50 und 4,45 m im Feld waren und habe mich auf ein höheres Niveau eingestellt. Mit 4,35 m wollte ich mich definitiv nicht zufriedengeben. Ich bin froh, konnte ich nach den 4,50 m auch die 4,62 m im zweiten Anlauf nehmen und meine Saisonbestleistung um einen Zentimeter verbessern.

Angelica Moser (Bild: Swiss University Sports / Mirjam Leutwiler)

Du hast Olympische Spiele, Welt- und Europameisterschaften erlebt und warst 2020 Europameisterin unter dem Hallendach. Welchen Wert misst du der von 2021 auf 2023 verschobenen ehemaligen «Universiade» bei?

Klar, hat der Hallen-EM-Titel für mich sportlich eine höhere Bedeutung. Aber eine Medaille ist immer schön. Vom Zeitpunkt und Alter her war es meine erste und letzte Möglichkeit, an den World University Games teilzunehmen. Die Stimmung im Schweizer Team war sehr gut und der ganze Anlass hatte etwas von Mini-Olympia, wo unterschiedliche Sportarten und Nationen am selben Ort zusammenkommen.

Wer hat dir eigentlich die Zöpfchen geflochten?  

Das war meine Trainingskollegin Meret Baumgartner (STB). Eigentlich bin ich nicht so der Zöpfchen-Typ. Doch wir hatten viel Zeit vor dem Wettkampf, so dass ich mich überreden liess. (lacht)

Als Zeitmilitär-Spitzensportlerin würdest du mit einer Medaille an den Military World Games befördert. Wird dir als Studenten-Weltmeisterin nun der Master geschenkt?

Leider nicht. Aber vielleicht hilft der Titel ja bei der nächsten Prüfung (lacht). Nein, im Ernst, natürlich mache ich meinen BWL-Master ganz normal weiter an der Uni Bern.

Hand aufs Herz, wer ist besser: die Studentin oder die Athletin Angelica Moser?

Definitiv die Athletin. Ich will zwar auch im Studium performen und bei den Prüfungen möglichst gut abschneiden. Doch ich bin keine Musterstudentin und fehle entsprechend häufig in den Vorlesungen. Die Zeit nutze ich fürs Training in Magglingen und Bern (Angelica Moser wird seit letztem Herbst von Adrian Rothenbühler trainiert).

Angelica Moser auf dem Weg zum nächsten Grossanlass (Bild: athletix.ch)

Nun steht die WM vor der Tür. Was hast du dir vorgenommen?  

Bei den drei Versuchen auf 4,73 m fehlte nicht viel in Chengdu. Ich hoffe, ich kann in Budapest in diesen Bereich springen. Die Dichte im Frauenstabhochsprung ist momentan extrem hoch. Wie in Eugene möchte ich auch dieses Jahr in den Final – und dann werden die Karten neu gemischt.

Auf die WM folgt am 30. August mit Weltklasse Zürich im Hauptbahnhof schon das nächste Highlight…

Ja, Weltklasse Zürich – ob im Stadion Letzigrund, auf dem Sechseläutenplatz oder im Hauptbahnhof – ist für mich eines der coolsten Events. Im HB sind die Leute besonders nah dabei. Gefühlt kommen alle meine Freunde und Bekannte, um mich zu unterstützen. Ausserdem kann ich mal ganz gemütlich mit dem Zug und Tram anreisen, weil meine Stäbe schon vor Ort sind.   

Angelica Moser bei Weltklasse Zürich auf dem Sechseläutenplatz (Bild: athletix.ch)

Nach zehn internationalen Medaillen im Nachwuchs, an der Hallen-EM (Gold), an den European Games (Bronze) und den World University Games (Gold) fehlt dir «nur» noch WM- und Olympia-Edelmetall. Wenn du dich entscheiden müsstet: WM-Gold oder Olympia-Bronze?

Der Titel «Weltmeisterin» klingt verlockend, da in meiner Spezialdisziplin, aber ich würde wohl die Olympia-Bronzemedaille vorziehen. Schon als kleines Mädchen habe ich von Olympia geträumt. Die Spiele strahlen über die Leichtathletik hinaus.

Paris 2024 oder Los Angeles 2028?

Nach zwei Olympiateilnahmen (in Rio de Janeiro 2016 und Tokio 2021) wäre die Finalqualifikation nächstes Jahr langsam fällig. Und dann schauen wir, wie hoch die Medaillen in LA hängen…

Du hast geschafft, wovon viele Kinder träumen: den Sprung vom UBS Kids Cup zur Weltklasse. Wie landet man als Jahrgangsbeste im 60-m-Sprint, Weitsprung und Ballwurf beim Stabhochsprung?

Da half mir sicherlich meine kunstturnerische Vergangenheit. Und dann hatte ich das Glück, dass meine ältere Schwester schon Stabhochsprung betrieb und ich ihr immer alles nachmachen wollte. An dieser Stelle: Danke Jasmine!   

Angelica Moser ist auch Botschafterin des UBS Kids Cups (Bild athletix.ch)

(MAS)