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Zwei UBS Kids Cup Champions, denen die Zukunft gehört
So verschieden Carla Gugerli und Henry Bengo-Oliveri sind, so vieles haben sie gemeinsam: Sie sind beide 2009er-Jahrgänge, stiessen 2022 von der Leichtathletik-Vereinigung Albis zum LC Zürich und haben in der U16-Nachwuchsgruppe unter der Leitung von Simon Märki den Sprung aufs oberste Finaltreppchen beim UBS Kids Cup 2024 geschafft. Mit uns wagen sie einen Blick in die Zukunft.
Wie zufrieden seid ihr mit eurer allerletzten U16-Saison?
Carla: Eigentlich sehr. Ich habe mich beim UBS Kids Cup von Jahr zu Jahr gesteigert (Carla war 2023 Drittbeste in der W14-Kategorie, 2024 Beste in der W15 und gewann den Disziplinen-Award im Weitsprung). Auch über die Hürden konnte ich einen grossen Schritt vorwärts machen. Vor allem technisch. Früher lief ich wie ein Kartoffelsack, jetzt fühlt es sich deutlich besser an.
Henry: Ich bin auch ziemlich zufrieden. Ich habe viele Ziele erreicht, habe einige PBs aufgestellt, auch wenn ich über 80 m gerne noch etwas schneller gewesen wäre…
Was war euer leichtathletisches Highlight?
Carla: Der Sieg beim UBS Kids Cup im Stadion Letzigrund war ein grosser Traum. Ich habe 2017 mit der Leichtathletik angefangen. Damals habe ich mich via Lokalausscheidung für den Kantonalfinal qualifiziert. Dass ich in meinem letzten U16-Jahr meinen Lieblingswettkampf gewinnen konnte – sowohl outdoor als auch indoor im Team mit Henry, Steve (Nji), Timothy (Zappa) und Mia (Kälin) –, war toll. Selbst wenn die Schweizer Meisterschaften innerhalb des LCZ sportlich mehr zählen… Wir hatten jedenfalls mehr Kugelstossen als Ballwurf trainiert. (lacht)
Henry: Mein Highlight war die Nachwuchs-SM. Über 80 m wurde ich Erster, über 80 m Hürden Zweiter, obwohl ich nicht so gerne Hürden mache. Und dann natürlich der UBS Kids Cup im Letzi, den ich zum dritten Mal in Folge gewinnen konnte.
Wie war dieser Tag für euch?
Henry: Schon recht streng. Mir wurde nichts geschenkt. Vor dem abschliessenden Weitsprung lag ich auf Podest-, aber nicht auf Goldkurs. Dann steigerte ich mich von 5,50 m auf 6,40 m und konnte den Sieg dank PB nach Hause bringen.
Carla: An der Einzel-SM war ich sehr nervös. Ich wusste, wenn ich mein Potenzial abrufe, sollte eine Medaille drin liegen. Genau darum verkrampfte ich mich dann. Beim UBS Kids Cup versuchte ich, nicht zu viel an die Medaillen zu denken und auf die Leistung in den einzelnen Disziplinen zu fokussieren. Ausser im Weitsprung gelangen mir überall PBs. Am meisten freute ich mich über den Ballwurf, als auf der elektronischen Anzeige die 60 Meter aufleuchteten. Es gab Zeiten, da warf ich den Ball eher rück- statt vorwärts…
Hattet ihr auch Wettkämpfe «zum Vergessen»?
Carla: Die Nachwuchs-SM war nicht gerade top. Am Wochenende davor hatte ich am Kantonalfinal des UBS Kids Cups in Wetzikon und an der Mehrkampf-SM in Martigny teilgenommen. Das war vielleicht ein bisschen viel. Der Speerwurf am Samstag ging noch einigermassen (Top 8), aber beim Weitsprung am Sonntag passte gar nichts zusammen. Wahrscheinlich hatte ich zu viel Zeit, um nachzudenken. Nicht wie bei den Regionenmeisterschaften im Sihlhölzli, wo ich zwischen den beiden parallel stattfindenden Disziplinen hin- und herrannte, ohne die Schuhe zu wechseln.
Henry: Meinen letzten Visana Sprint in Bern hätte ich gerne gewonnen. Es hat nicht sollen sein. Im Final hatte ich einen Misstritt nach 50 Metern, stolperte und verlor den Rhythmus. Das Rennen war damit gelaufen.
Was hättest du im Nachhinein anders gemacht?
Henry: Ich hätte die mobile Bahn und die kleinen Wellen auf dem Bundesplatz genauer angeschaut. Im Vorlauf und Halbfinal bin ich die letzten Meter ausgelaufen. Vielleicht hätte ich vorher schon einmal durchziehen sollen. Im Nachhinein ist man immer schlauer.
Habt ihr ein spezielles Ritual vor dem Wettkampf?
Carla: Ein Ritual nicht, aber ich plaudere gerne und viel mit den Kolleginnen. Eigentlich gibt es immer etwas zu berichten. Die Leichtathletik ist zwar ein Einzelsport, aber gerade im Mehrkampf agieren wir wie ein Team. Wir gratulieren einander und bauen uns gegenseitig wieder auf, wenn es nicht so gut läuft.
Henry: Ich ziehe immer die gleichen Socken an. Weisse, hohe und recht dicke Socken. Damit fühle ich mich einfach am wohlsten. Und keine Angst: Ich habe mehrere Paare und wasche sie zwischen den Wettkämpfen auch… (lacht)
Wie seid ihr zur Leichtathletik und zum LCZ gekommen?
Carla: Ich wohne in Aesch und habe immer am «Schnällscht Säuliämter» mitgemacht. Mein Vater fragte mich dann, ob ich mal in der Leichtathletik schnuppern wolle. So kam ich zur LV Albis. Mit dem Übrtitt ins Gymi im Sommer 2022 wechselte ich auch den Verein. Mit Elena (Mangili) war schon eine frühere LVA-Kollegin im LCZ. Inzwischen sind mit Henry und Steve (Nji) noch weitere dazugestossen. Manchmal tut es mir fast ein wenig leid für Mario Grond, unseren Trainer in der LV Albis: Er hat uns die Liebe für die Leichtathletik vermittelt, uns aber auch weiterziehen lassen, damit wir den nächsten Schritt machen.
Henry: Bei mir war es die Lehrerin in der zweiten Klasse. Sie hat mein Talent an einem Sporttag entdeckt und mich in die LV Albis geschickt. Später habe ich Steve mitgebracht und Simon (Märki) an einem Wettkampf kennengelernt. Da war der Weg im Herbst 2022 zum LCZ nicht mehr weit.
Welche Rolle spielt die Trainingsgruppe für dich?
Carla: Eine sehr grosse. Allein wäre ich nie so motiviert im Training. Schon in der LV Albis merkte ich, dass der LCZ gefühlt alles gewann. Zuerst kam mir das etwas arrogant rüber, aber jetzt, wo ich selbst im Klub bin, darf ich sagen: Der Teamgeist ist wirklich krass. Wir verbringen viel Zeit miteinander, spornen einander im Training und an Wettkämpfen gegenseitig an und verstehen uns auch ausserhalb der Leichtathletik.
Welchen Anteil hat Simon Märki an deinen Erfolgen?
Henry: Ich weiss noch genau, wie Simon zu mir sagte: «Du musst aufpassen, dass du nicht nur von deinem Talent lebst. Sonst wirst du nie ein Champion.» Das hat meine Einstellung geändert. Seither arbeite ich wirklich hart an mir. Ich nahm die Challenge an und wurde in Lausanne erstmals Schweizer Meister über 80 m.
Habt ihr ein Vorbild?
Henry: Ich weiss, manche hören es nicht gerne, aber Noah Lyles finde ich schon inspirierend. Er redet halt viel und macht seine Show. Aber sein Mindset gefällt mir. Er ist überzeugt, dass er der Beste ist. Ohne diese Überzeugung hast du im Sprint keine Chance.
Carla: Ich orientierte mich nie an den internationalen oder nationalen Stars, sondern an den Besten meiner Altersklasse. Shanaya (Emenike) zum Beispiel. Sie wurde sozusagen vom Vorbild zur engen Kollegin.
Carla besucht das Gymi. Was machst du neben der Leichtathletik?
Henry: Ich gehe in die dritte Sek und werde nach den Sommerferien 2025 eine KV-Lehre in der Spedition beginnen. Neben den offiziellen vier LCZ-Trainings mache ich die eine oder andere zusätzliche Calisthenics-Einheit zu Hause. Wahrscheinlich wäre ich auch ein passabler Geräteturner oder Akrobat geworden. Doch die Leichtathletik gefällt mir nach wie vor am besten.
In welcher Disziplin seht ihr euch in Zukunft?
Carla: Meine Lieblingsdisziplinen sind Weitsprung, Hürden und Speer. Von daher ist der Mehrkampf prädestiniert, wenn nur die Läufe nicht wären. 2023 habe ich mich bei einem 1000er sogar schon mal verzählt. Aber da muss ich durch. Mit Dani (Baumgartner) und Pascal (Magyar) sollte ich auch an meiner Hochsprungtechnik arbeiten. Meine PB sprang ich noch im Scherensprung…
Henry: Ich würde gern schon jetzt voll auf den Sprint setzen. U18-Coach Dani (Baumgartner) ist allerdings der Meinung, dass es mir guttun würde, im Moment auch noch Hürden zu laufen – wenngleich wir beide im Flachsprint langfristig mehr Potenzial ausmachen.
Wie lautet euer sportlicher Traum?
Carla: Einmal an einem internationalen Grossanlass zu starten, wäre schon cool. Wenn man dann noch zuoberst auf dem Podest stehen könnte… Idealerweise im Team. Ich liebe Staffel- und Teamwettkämpfe. Mehrkampf ist ja auch fast eine Teamsportart. Mit der gemeinsamen Ehrenrunde am Schluss.
Henry: Ich möchte einer der Besten der Welt werden und die Schweiz international vertreten (Henry besitzt aktuell die ugandische Staatsbürgerschaft).
Welche Eigenschaft von Carla hättest du gerne?
Henry: Ihre Grösse. Sie hat riesige Hebel. Die braucht sie auch als Mehrkämpferin. (lacht)
Welche Frage würdest du Henry selber stellen?
Carla: Ich weiss noch, wie Henry in die Leichtathletik gekommen ist und einfach alles gewonnen hat. Wie fühlt sich das an, wenn man der Beste ist?
Henry: Natürlich fühlt es sich gut an, aber man muss auch wissen, dass dahinter ganz viel Arbeit steckt. Man gewinnt nicht, indem man zu Hause auf dem Sofa sitzt und nichts tut. Ich arbeite und trainiere hart für meine Ziele. Ausserdem: Ich war dieses Jahr an der Hallen- und Freiluft-SM öfters Zweiter und Vierter als Erster, was mich noch mehr motiviert. Für Simon (Märki) bin ich ja trotz SM-Titel immer noch kein «Champion». (lacht)
Welche Eigenschaft von Henry hättest du gerne?
Carla: Klar, Henry macht gerne Blödsinn, das blenden wir hier mal aus. Aber er ist extrem offen, kollegial und geht sofort auf die Leute zu. Früher schleppte er seine Freunde ins Training, heute ist er der Erste, der die neuen Kollegen in der Gruppe an die Hand nimmt und ihnen erklärt, wie es läuft. Sportlich gesehen, hätte ich gerne seinen Start. Gefühlt ist er schon bei der ersten Hürde, wenn die anderen noch im Block sind. Das ist crazy.
Was wünschst du dir auf Weihnachten bzw. auf deinen baldigen Geburtstag?
Henry: Neue Spikes. Ich habe zwar schon einige Paare, aber ich bin ein Schuh-Nerd und will in den kommenden Wettkämpfen ein bisschen variieren.
Der U16-Verantwortliche Simon Märki über Carla Gugerli (geboren am 9. November 2009)…
«Carla hat eine bemerkenswerte Wandlung hinter sich. Physisch, aber auch als Persönlichkeit. Sie ist als Mädchen in die U14 gekommen und geht als junge Athletin in die U18. Eine Athletin, die sich gerade über die Hürden viel besser spürt als zuvor. Ich bin überzeugt, der Reifeprozess geht noch weiter, zumal sie als im November Geborene eher zu den Spätentwicklerinnen ihres Jahrgangs zählt.»
…und Henry Bengo-Oliveri (geboren am 1. Januar 2009)
«Henry ist ein Freigeist und hat manchmal Mühe, die Übungen so umzusetzen, wie es der Trainer anordnet und wünscht. Seine Energie ist ansteckend. Obwohl unbestritten einer der Leistungsstärksten in der Gruppe, ist er äusserst warmherzig, sensibel und sozial. Das Talent wurde ihm in die Wiege gelegt. Ob er auch den Biss hat, werden wir in den nächsten Jahren sehen. Ich hoffe es natürlich!»
(MAS)